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Michael Wachtler

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Megachirella wachtleri

Megachirella wachtleri

Megachirella wachtleri, die Mutter aller Eidechsen und Schlangen

Im Jahr 1999 entdeckte Michael Wachtler am Kühwiesenkopf in den Pragser Dolomiten das Skelett eines kleinen Landsauriers aus der frühen Mitteltrias vor 245 Millionen Jahren. Das Tier erregte aufgrund seines Stammbaumes weltweites Aufsehen und wurde als Ahnherr aller Schuppenkriechtiere mit dem Namen Megachirella wachtleri eingeordnet.

Sehr schnell stellte sich heraus, dass es sich um eine besondere Entdeckung handelte. Es wurde inmitten fossiler Pflanzenreste gefunden, was darauf hinwies, dass das Tier an Land lebte und aufgrund seiner ungewohnt scharfen und kräftigen Krallen zudem ein flinker Kletterer gewesen sein musste. Deshalb auch sein Name Megachirella wachtleri, was für „Großhand“ steht und den Finder Michael Wachtler ehrt. So wurde es im Jahr 2003 vom italienischen Paläontologen Silvio Renesto erstbeschrieben.

In den darauffolgenden Jahren dümpelte das kleine Tier in dem Magazin eines Naturmuseums dahin, bis es im Jahr 2018 zur weltweiten Sensation wurde. Einem internationalen Forscherteam rund um den Hauptautor, den jungen brasilianischen Paläontologen Tiago Simões von der Universität Alberta in Kanada, sowie Wissenschaftlern aus Italien, Polen, Australien und den USA, gelang es unter Zuhilfenahme einer völlig neuer Röntgen-Mikrocomputertomografie, ein dreidimensionales Modell der äußeren und inneren Teile zu erstellen. Die bisher im Stein verborgenen Skelettteile konnten somit zum ersten Mal untersucht werden, insbesondere das dreistrahlige Schuppenbein, welches die Urechse zum ersten Mal eindeutig den Schuppenkriechtieren (Squamata) zuordnete. Diese bilden eine der vier Großgruppen der Reptilien und stellen mit über 10.000 Arten – zum Vergleich umfassen die Säugetiere nur etwa 6.400 Spezies – einen bedeutenden Teil der Landwirbeltiere. Dazu gehören so bedeutende Familien wie die Eidechsen, Schlangen, Leguane, Chamäleons, Warane oder die Geckos. Und Megachirella wachtleri bildete nun den „fossilen Stein von Rosetta“, der im 19. Jahrhundert maßgeblich zur Entschlüsselung der ägyptischen Hieroglyphen beitrug. Nur musste nun die so wichtige Evolution der Schuppenkriechtiere umgeschrieben und um 75 Millionen Jahre zurückdatiert werden. Denn das zweitälteste Fossil dieser Gruppe entstammte dem Mittleren Jura Europas. Während ihrer langen weiteren Entwicklungsgeschichte passten sich diese Echsen vielfältig an die verschiedensten Lebensbedingungen an. Sie lernten das Gleiten in der Luft, das Schwimmen, lange Aufenthalte in Wüsten, oder ein Leben hoch oben in den Dächern des Urwaldes. Geckos vermögen selbst über senkrechte Glasscheiben zu klettern, Basilisken über das Wasser zu laufen, und viele Schlangen zeichnen sich durch ihren tödlichen Giftbiss aus.

Obwohl sich unser Wissen über die Vielfalt und Lebensmöglichkeiten heutiger Eidechsen und Schlangen steigerte, blieben ihr Ursprung und früheste Entwicklung im Dunkeln – bis Megachirella wachtleri entdeckt wurde. Bis jetzt nahm man an, dass Leguane und Chamäleons zu den ältesten Schuppenkriechtieren zählen mussten. Nun konnte herausgefunden werden, dass die Geckos noch primitivere Eigenschaften aufweisen und sich sehr früh in der Evolution abspalteten, und dass ihre Ursprünge vor dem Massenaussterben vor 252 Millionen Jahren an der Perm-Trias-Grenze liegen mussten.

Noch immer wissen wir nichts über die weitere Entwicklung der Squamata zwischen der Mitteltrias (der Zeit von Megachirella wachtleri) und dem späten Jura, einem Zeitraum von 85 Millionen Jahren, einer größeren Spanne als jener zwischen Dinosauriern und uns Menschen. Aber mit dem Sensationsfund von Megachirella wachtleri lässt sich nun nachvollziehen, wie sich Schlangen und Echsen entwickelten.


 

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